Schmalspurfahrzeuge

Die 1955 gegründete Bundeswehr, damals streng auf Landesverteidigung ausgerichtet, übernahm von den Alliierten Siegermächten nach 1956 verschiedene Liegenschaften, die von deren Streitkräften militärisch genutzt wurden und teilweise auch mit Schmalspureisenbahn-Infrastruktur versehen waren. Aber nur die Bundesmarine sah die Notwendigkeit für den zukünftigen Einsatz und die Beschaffung von schmalspurigem Eisenbahnmaterial. Damit sollte der Transport von schwerer Marine-Munition innerhalb der Munitionsbunker- und Munitionsdepot-Anlagen der Marinemunitionsdepots bewerkstelligt werden. Insbesondere die MarMunDp Aurich-Tannenhausen, Schweinebrück und Jägersberg/Laboe sollten mit der entsprechenden Infrastruktur und dem notwendigen rollenden Material ausgestattet werden. Die Depots wurden in den folgenden Jahren für einen umfangreichen Schmalspurbetrieb hergerichtet. Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) setzte die Forderungen der Marine um und ließ von der Firma DIEMA in Diepholz insgesamt zwanzig 600mm–Lokomotiven für die Bundesmarine bauen. Als Bw-Prototypen wurden zwei DIEMA DS 60 Loks beschafft. Nach deren Erprobung im Truppenversuch bestellte man 18 Lokomotiven des Typ DS 90 mit Mittelführerstand und Deutz Vielstoff-Motoren, die speziell nach den Erkenntnissen und Forderungen der Bundeswehr gebaut wurden. Hinzu kamen verschiedene Wagen und Kipploren die dem Transport von Personal und Material, sowie vielen betrieblichen Aufgaben dienten. Als Beispiel sei der Feuerlöschzug, Schneefräsen oder die Draisine in Laboe angeführt. Zum Einsatz kam robustes und technisch ausgereiftes Material, die Höhe des Preises war hier nicht unbedingt der Maßstab für die Beschaffung.

Die Verfügbarkeit moderner Flurförderfahrzeuge, leistungsstarker Gabelstapler und wendiger Hebegeräte läutete Mitte der 1990-ziger Jahre das Ende der Schmalspureisenbahn der Bundesmarine ein. Das Material wurde ausgesondert und über die VEBEG verwertet. Die besondere Güte des Materials erzeugte eine rege Nachfrage, demzufolge fand sich für alles Angebotene auch ein neuer Besitzer und ein weiteres Einsatzgebiet. Die Lokomotiven wurden teilweise durch DIEMA oder BEDIA gekauft und umgebaut. Neue Einsatzgebiete in Europa und Afrika erschlossen sich.

Auch bei der Schmalspur war es nur wenigen Eingeweihten vergönnt, die aktive Dienstzeit der Schmalspureisenbahnen bei der Marine, bei einem Besuch der Dienststellen kennen zu lernen. Eine Dokumentation über den Einsatz von Schmalspurmaterial bei der Bundeswehr ist bislang nur sehr lückenhaft erstellt. Es ist zweifelsohne Herrn Andreas Knopf zu verdanken, dass dieses Kapitel deutscher Schmalspurgeschichte nicht sang- und klanglos untergegangen ist. Mit ungeheurer Energie hatte er sich diesem Thema verschrieben und eine einzigartige Sammlung von Bundeswehr-Schmalspurfahrzeugen aufgebaut. Diese Sammlung umfasste in einer repräsentativen Form alle Meilensteine der „Schmalspurgeschichte der Bundeswehr“. Aus persönlichen Gründen hat er sich von dieser umfassenden Sammlung getrennt und diese an das Eisenbahn & Technik Museum Rügen (ETM) abgegeben. Die Lokomotive DS 90 FNr. 2716 des Militärhistorischen Museums Dresden wird beim Erlebnisbahnhof Westerwald in Westerburg betriebsfähig gepflegt, leider fehlt aber auch dort eine geeignete Gleisanlage um mit der Lok zu fahren. So ist sie wohl die einzige Schmalspurlokomotive, die auf einem regelspurigen Rollbock bewegt wird.